
Ich bin Mutter eines Jungen mit Down-Syndrom. Seit mehr als zehn Jahren fördere ich ihn in verschiedenen Bereichen – Sprache, Motorik, Sozialverhalten, kognitive Entwicklung. In diesem Artikel verrate ich dir, welche Erfahrungen ich dabei gemacht habe und was ich dir mit auf den Weg geben möchte, wenn auch du dein Kind gut und vor allem ohne Druck fördern willst.
Wie und wie oft sollte ich mein Kind fördern?
Worauf sollte ich dabei achten?
Und was tue ich, wenn Fortschritte auf sich warten lassen?
Vielleicht hast du dir diese Fragen auch schon gestellt. Denn bestimmt möchtest du auch, dass dein Kind einmal die bestmöglichen Chancen auf ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben hat.
Ich möchte hier mit dir die 5 wichtigsten Erfahrungen teilen, die ich in den letzten elf Jahren in puncto Förderung gemacht habe. Außerdem gebe ich Antworten auf die meistgestellten Fragen zu diesem Thema.
Was meine ich, wenn ich von Fördern spreche?
Spielen, Vorlesen – vieles ist Förderung, deshalb will ich hier genauer darauf eingehen, was ich meine, wenn ich von Fördern spreche. Ich meine damit nicht das, was du ohnehin mit deinem Kind spielen oder tun würdest – singen, die Puppe anziehen, ein Bild malen. Sondern um konkrete Übungen, die speziell für die Sprach-, Motorik- oder sonstige Förderung von Kindern mit Behinderung entwickelt wurden und dir eventuell von einer Therapeutin gezeigt oder empfohlen wurden. Also alles, was du mit einer klaren Zielsetzung machst in Abgrenzung zum üblichen Spielen.
Gemeinsam üben ohne Druck
Problem
Dass Kinder mit Behinderung enorm von guter Förderung profitieren, wissen wir. Die meisten Mütter machen sich daher Gedanken, wie sie Übungseinheiten in den Alltag integrieren, um Sprache, Motorik etc. zu fördern.
Doch der Alltag mit Kindern – zumal wenn sie eine Diagnose oder Behinderung haben – ist randvoll mit Terminen und Aufgaben. Da passiert es schnell, dass wieder eine Woche (oder länger) vergangen ist, ohne dass die Übungen, die die Physiotherapeutin gezeigt hat, gemacht wurden.
Wenn dein eigener Anspruch, dein Kind zu fördern mit den Gegebenheiten des Alltags kollidiert, kann es schnell sein, dass du dich unter Druck gesetzt fühlst, wenn die Therapeutin nachfragt, ob du denn zu Hause auch regelmäßig mit deinem Kind geübt hast.
»Vorlesen, Spielen, miteinander sprechen – auch das ist Förderung. Der Gedanke nimmt Druck raus, wenn mal wieder die Zeit zum Üben fehlt.«
Meine Erfahrung
Ich habe unser Frühfördersystem als sehr vielfältig und unterstützend erlebt – vom ersten Tag an hatte ich hochkompetente Therapeutinnen an meiner Seite, die uns zu Hause begleitet haben. Aber: Eine Stunde Physiotherapie oder Logopädie pro Woche reicht nicht aus, es braucht das tägliche Wiederholen und Üben – und hier kommen wir Mütter ins Spiel.
Mir sind Therapeutinnen begegnet, die mir Vorschläge gemacht und die Umsetzung mir überlassen haben. Aber auch solche, die mich druckvoll von einzelnen Methoden überzeugen und mir nahelegen wollten, dass die Zukunftschancen meines Sohnes einzig von mir und meiner Bereitschaft zur Förderung abhängen.
Im ersten Lebensjahr meiner Zwillinge war ich in Elternzeit und habe die wöchentlichen Therapiestunden sehr zu schätzen gewusst und mich intensiv in Methoden wie GuK eingearbeitet. Als ich dann wieder anfing zu arbeiten, stand ich vor der Herausforderung, Förderung ohne Stress mit all den anderen Alltagsanforderungen zu vereinbaren.
Lösungswege
Du hast es hier mit einem klassischen Zielkonflikt zu tun: Du möchtest dein Kind fördern. Gleichzeitig fordern dein Beruf und deine anderen Verpflichtungen Zeit und Kraft.
- Schätze realistisch ein – zum Beispiel mit Hilfe eines Wochenplans -, wie viel Zeit dir zur Verfügung steht, um mit deinem Kind zu üben. Vielleicht gibt es auch andere Personen (ältere Geschwister, Großeltern etc.), die dich hier entlasten können.
- Mache dir bewusst, dass gemeinsames Spielen, Singen oder Vorlesen, zusammen basteln, malen, schwimmen oder in den Zoo gehen ebenfalls Förderung bedeutet. Sprich viel mit deinem Kind – allein damit förderst du schon seine Sprache.
- Achte darauf, was deinem Kind Freude macht. Das bezieht sich auf die verschiedenen Fördermethoden, aber auch auf allgemeine Interessen. Dein Kind mag Fahrzeuge? Dann benennt sie gemeinsam oder zählt sie. Dein Kind interessiert sich nach intensiver Anwendung nicht für Gebärden? Dann reicht es vielleicht, wenn die Logopädin oder Erzieherin sie nutzt.
- Werde nicht zur Zweit-Therapeutin. Deine Kompetenz als Mutter ist, dass du dein Kind gut kennst und genau weißt, was es mag und braucht. Du musst nicht Reime, Handgriffe und Bewegungsabläufe lernen, denn das ist Aufgabe der ausgebildeten Fachkräfte. Überprüfe immer wieder, womit du dich wohlfühlst und was dich überfordert.

Das schlechte Gewissen - “Hätte ich mein Kind konsequenter fördern sollen?”
Problem
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass du früher oder später einem gleichaltrigen Kind mit derselben Diagnose begegnest, das weiter ist als dein Kind: Es kann besser sprechen, läuft schon, kann lesen usw. Spätestens jetzt geht dir die Frage durch den Kopf: “Habe ich nicht genug gefördert?”
Und schon ist es da: das schlechte Gewissen. Du zweifelst an deinen Qualitäten als Mutter und überlegst, wie du den Rückstand wieder aufholst.
Das kann dir im Übrigen auch passieren, wenn dein Kind größer wird und du Sorge hast, wichtige Zeitfenster in der Entwicklung nicht so genutzt zu haben, wie du es eigentlich wolltest.
Meine Erfahrungen
Mein Sohn ist die ersten drei Jahre in eine Regelkita gegangen und hatte dort einen Einzelintegrationsplatz. In dieser Zeit hatten wir keinen engeren Kontakt zu anderen Familien mit Trisomie-21-Kindern.
Als er mit vier in eine heilpädagogische SVE wechselte, traf ich Kinder mit Down-Syndrom, die bereits verständlich sprechen konnten. Die auf dem Klettergerüst turnten und Roller fuhren. Ich wusste zwar, dass ich wirklich viel mit meinem Sohn geübt hatte, fragte mich aber trotzdem, ob ich nicht viel mehr hätte tun sollen – und ob er dann womöglich weiter wäre.
Gleichzeitig habe ich Mütter kennengelernt, die mir sagten, sie hätten die Förderung ganz den Expertinnen überlassen. Ihre Kinder konnten nicht weniger gut laufen, sprechen usw. als die anderen.
Lösungswege
- Auch wenn ich weiß, dass es schwer ist: Vermeide Vergleiche! Im Zweifelsfall fühlst du dich dadurch schlechter. Und: Kinder entwickeln sich in ihrem eigenen Tempo. Allein deshalb sind Vergleiche sinnlos.
- Bedenke, dass die Unterschiede zwischen gleichaltrigen Kindern mit Trisomie 21 größer sind als die Unterschiede zwischen gleichaltrigen Kindern ohne Diagnose.
- Du bist nicht alleine für die Förderung deines Kindes zuständig. Wir haben ein flächendeckendes Frühfördersystem mit kompetenten Fachleuten – dein Kind bekommt genug Förderung, von der es profitiert.
- Finde eine resiliente Einstellung: Du tust das, was du kannst, um dein Kind zu fördern und zu unterstützen. Sei stolz darauf und tue es mit Freude. Das ist mehr als genug!
»Vermeide Vergleiche mit anderen. Sie sind sinnlos, denn jedes Kind entwickelt sich in seinem Tempo.«
Die Grenzen der Förderung
Problem
Vielleicht bist du auch überzeugt davon, dass dein Kind mit der richtigen Förderung vieles erreichen kann. Dieser Gedanke kann motivieren – aber auch unter Druck setzen.
Richtig ist: Dein Kind profitiert enorm von guter und liebevoller Förderung. Aber es wird vielleicht trotzdem Dinge geben, die es nicht lernen wird. Das ist nicht deine Schuld.
Ärztinnen und Therapeutinnen betonen immer wieder, wie wichtig Förderung ist. Das stimmt zwar, sie wollen Eltern aber eben auch motivieren, dranzubleiben oder vielleicht sogar noch mehr zu tun. Manchmal werden Hoffnungen geschürt, was ein Kind erreichen kann, die dann enttäuscht werden. Das kann sich im schlimmsten Fall so anfühlen, als würdest du den Moment der Diagnose ein zweites Mal erleben.
Meine Erfahrung
Als ich kurz nach der Geburt meines Sohnes erfuhr, dass er das Down-Syndrom hat, beschäftigte mich eine Frage besonders: Wie stark wird die geistige Behinderung wohl ausgeprägt sein? Es war eine bange Frage, verbunden mit Ängsten, gerade in den ersten Monaten. Mit Sicherheit war das für mich der Antrieb, mich sehr intensiv mit Fördermethoden zu beschäftigen und darin wurde ich von unseren Therapeutinnen bestärkt.
Die Frühförderung endet, wenn ein Kind in die Schule kommt. In vielen Bundesländern gehört es zum Standard, dass nun ein IQ-Test gemacht wird, um herauszufinden, ob das Kind eine Regel- oder eine Förderschule besuchen soll.
Ich hätte auf diesen Test gerne verzichtet, weil ich die Zahl nicht wissen wollte. Sie sagt so wenig über ein Kind aus – trotzdem steht sie da und macht etwas mit einem. Für mich war es ein harter Bruch: jahrelang die Ermutigung zu fördern, und am Ende kam es nur auf das Ergebnis eines Standardtests an, der keine der unendlich vielen Talente und Fähigkeiten meines Kindes abbildete.
Lösungswege
- Kläre für dich, was hinter deinem Wunsch steht, dein Kind zu fördern. Angst vor einer stark ausgeprägten Behinderung ist kein guter Motivator. Auch wenn du überzeugt bist, dass das nicht auf dich zutrifft: Horche in dich hinein und komme mit dem Gedanken ins Reine, dass dein Kind vielleicht manches nicht erreichen wird, was du dir wünschst.
- Lege Förderziele fest, die in deiner Hand liegen. Statt “Mein Kind soll einmal verständlich sprechen können” kann ein Ziel sein, dass ihr wöchentlich Übungen macht, die seine Sprachentwicklung unterstützen. Fokussiere dich weniger auf Ergebnisse, sondern mehr auf den Weg dorthin: Definiere Förderung als gemeinsam verbrachte Zeit, als Spiel, Spaß und Nähe. Als etwas, was ihr zusammen schafft. Denn alles andere kannst du nicht beeinflussen.
- Mache dir bewusst, dass Förderung uns dazu bringt, sehr stark in Leistungskriterien zu denken. Was kann das Kind – was kann es nicht? Für viele der Stärken, Fähigkeiten und Talente deines Kindes gibt es kein Testverfahren, trotzdem sind sie da und wertvoll. Denke daran, wenn IQ oder andere Fähigkeiten getestet werden.

»Ab heute üben wir jeden Tag!” - Von Übermotivation und Frustration«
Problem
Du hörst von einer Methode, die ganz viel bewirken soll. Du kehrst mit neuem Wissen von einer Intensiv-Therapiewoche mit deinem Kind zurück. Vielleicht hoffst du auch, dass es eine Regelschule besuchen kann und möchtest es optimal darauf vorbereiten.
Voller Elan nimmst du dir vor: Ab jetzt wird jeden Tag geübt! Du entwirfst einen Förderplan und überlegst, welche Alltagssituationen du für eine kleine Übungseinheit nutzen kannst. Du bist motiviert bis unter die Haarspitzen – und dann kommt die Erkältungszeit und wochenlang geht gar nichts.
Immer wieder taucht der Impuls auf, es ab sofort richtig ernst zu nehmen mit der Förderung und nun wirklich konsequent dranzubleiben. Auf diese Phasen der Übermotivation folgt meist Frustration. Nach zwei Tagen, an denen wieder keine Zeit war, denkst du, jetzt ist es auch egal.
Meine Erfahrungen
Unterstützt von verschiedenen Therapeutinnen, vor allem Logopädinnen, habe ich immer wieder neue Methoden genutzt, um meinen Sohn zu fördern. Jedes Mal war damit ein Motivationsschub verbunden: Das klingt toll. Das machen wir – ganz regelmäßig!
Gerade wenn sich nicht so schnell Fortschritte einstellten, war das ein echter Motivationsdämpfer. Das bringt vielleicht doch nichts. So viel Zeit und Mühe und nichts passiert.
Wenn ich in den letzten Jahren eins gelernt habe, dann das: Ein Kind mit Behinderung fordert unsere Fähigkeit zur Geduld heraus. Aus einer Wiederholung werden zehn, hundert, zweihundert. Manchmal geht es einen Schritt vorwärts – und dann wieder zurück. Bereits Gelerntes ist plötzlich vergessen und auf einmal kann das Kind, was lange unmöglich erschien.
Lösungswege
- Vielleicht geht es dir wie mir und Geduld ist nicht deine Stärke: Übe sie, trainiere sie, denn du wirst sie brauchen. Der lange Atem ist gefragt, wenn es darum geht, ein Kind mit kognitiver Beeinträchtigung zu fördern. Das Gras wird nicht schneller wachsen, auch wenn du noch so sehr daran ziehst – bleibe entspannt und offen.
- Finde einen guten Rhythmus, den ihr wirklich dauerhaft einhalten könnt. Wenn es nicht so oft klappt, wie du willst, dann ist das so. Vielleicht nehmt ihr euch am Wochenende eine halbe Stunde. Ein realistischer Plan schützt dich vor überzogenen Erwartungen, die dann in Frustration enden.
- Achte besonders darauf, dich nicht zu verausgaben – auch wenn du gerade von etwas überzeugt und begeistert bist. Gehe die Sache entspannt an, beobachte, wie dein Kind reagiert, passe nötigenfalls an, wenn es euch beiden oder einem von euch zu viel wird.
»Bleibe realistisch in deinen Erwartungen und schütze dich vor Übermotivation und Verausgabung.«
Sinnvolle Förderziele festlegen
Problem
Wir alle wünschen uns, dass unsere Kinder einmal möglichst selbstbestimmt und selbstständig leben können. Ärztinnen und Therapeutinnen präsentieren uns über die Jahre hinweg die unterschiedlichsten Methoden -, die alle ihre Berechtigung haben.
Viele davon gehören zu einem Standardprogramm, das bei allen Kindern mit Förderbedarf angewendet wird. Nicht immer wird dabei darauf geachtet, ob die Methode auch zum Kind passt. Manchmal erhält dein Kind auch eine Therapiemaßnahme, weil gerade Budget vorhanden oder im SPZ ein neues Projekt angelaufen ist.
Therapien und Fördermaßnahmen werden manchmal nach dem Gießkannenprinzip verteilt – dein Kind bekommt eine Reittherapie bewilligt, wunderbar. Blöd nur, wenn du eigentlich jemanden bräuchtest, der dir hilft, die stark ausgeprägte Weglauftendenz in den Griff zu bekommen.
Meine Erfahrungen
Wir durften einmal an einem Hometreatment-Programm teilnehmen und erhielten wöchentlich Besuch von einer Heilpädagogin, die mich bei Fragen zur Erziehung beraten sollte. Das war sehr zeitaufwendig und damals war mein Sohn noch klein und wir hatten kaum verhaltensbedingte Probleme. Als ich den Rat dann Jahre später hätte brauchen können, war das Programm ausgelaufen und wir standen alleine da.
Seit seiner Geburt habe ich von der Motorik über Sprache bis zur Körperhygiene und Sozialverhalten alles breit gefördert. Heute setze ich mehr Schwerpunkte und achte vor allem auf Dinge, die ihm helfen, gut in Gruppen zurechtzukommen – Regelverständnis, sich mit anderen abwechseln, auch mal warten können. Wir üben Alltagssituationen wie Einkaufen, Bus fahren etc., also alles, was ihm hilft, selbstständig zu werden.
Darüber hinaus animiere ich ihn, kreativ zu sein: Wir kochen, backen, filzen … Das macht uns beiden Spaß und am Ende führt es zu einem Ergebnis, auf das er stolz sein kann. Eine bessere Motivation als Erfolgserlebnisse gibt es nicht.
Lösungswege
- Niemand kennt dein Kind so gut wie du und niemand hat das Gesamtbild so gut im Blick wie du. Überlege daher immer wieder, was deinem Kind gut tun und ihm heute schon weiterhelfen würde. Oft bringen kleine, alltagsnahe Dinge mehr als die hundertste Übungseinheit im Formenzeichnen.
- Suche dir den Rat einer erfahrenen Kinderärztin, Therapeutin oder Psychologin. Besprecht, welche Stärken und Interessen dein Kind hat, wo es sinnvoll ist, die Förderung zu intensivieren und wo ihr vielleicht einen Gang runterschalten und an Schule oder die Expertinnen delegieren könnt.
- Viele Kinder haben sehr feine Antennen dafür, wann sie “gefördert” oder “therapiert” werden und vermeiden die Anstrengung. Gerade wenn es schwierig ist, dein Kind zum Üben zu motivieren, ist es umso wichtiger, klare Prioritäten zu setzen.

5 Fragen rund um Therapie & Förderung, die sich viele Mütter stellen
Bin ich eine schlechte Mutter, wenn ich mein Kind nicht zu Hause fördere?
Nein, das bist du nicht. Es kann viele Gründe geben, warum du dich dagegen entscheidest, zu Hause mit deinem Kind zu üben. Vielleicht lassen es deine Arbeitszeiten nicht zu oder du hast noch andere Kinder, die deine Unterstützung brauchen. Manchmal ist es einfach nicht möglich.
Wie bereits erwähnt, ist Förderung viel mehr, als zu Hause Methoden anzuwenden. Animiere dein Kind immer wieder zu sprechen und zu erzählen, macht zusammen Spiele und Ausflüge, ermögliche ihm, sich auszuprobieren und herauszufinden, was es mag und wo seine Stärken liegen.
Und ja, Förderung hat auch ihre Grenzen. Schaffe deinem Kind ein anregendes Umfeld und lasse es in dem Wissen aufwachsen, dass es richtig ist, wie es ist. Damit machst du ihm das größte Geschenk.
Was tun, wenn es nicht klappt?
Du möchtest gerne mit deinem Kind üben – aber es klappt einfach nicht. Dein Kind weigert sich, vermeidet Anstrengung und wendet sein ganzes Repertoire an Tricks an, um nicht “arbeiten” zu müssen. Oder das gemeinsame Üben klappt, aber du kannst keine Fortschritte feststellen.
Sei zuversichtlich und bleibe dran. Versuche es immer wieder und finde dabei ein gutes Maß: Fordere dein Kind, lass es nicht zu leicht durchkommen mit dem Vermeidungsverhalten. Aber wenn du merkst, dass es nichts mehr bringt, dann höre auch auf.
Suche dir Rat von Kinderärztinnen, Therapeutinnen oder Psychologinnen. Probiere ein Belohnungssystem aus, das für dein Kind ein starker Anreiz ist, es doch zu versuchen.
Vor allem aber: Gehe mit Gelassenheit an das Thema heran. Mache deinem Kind Angebote und beobachte, wie es darauf reagiert. Nutze die Interessen deines Kindes und sorge dafür, dass es schnell und regelmäßig Erfolgserlebnisse hat. Wenn Kinder spüren, dass sie eine Aufgabe schaffen können, kommt die Freude am Lernen von ganz allein.
Und was die Fortschritte angeht – richtig: Geduld, Geduld, Geduld. Wenn du gerade denkst, das wird nie was, kann es sein, dass dein Kind den entscheidenden Entwicklungsschritt macht.
Was kann ich tun, um eine funktionierende Förder-Routine zu finden?
Zunächst einmal: Gehe realistisch an die Sache heran. Schaue auf deinem Wochenplan, wann überhaupt Zeit für gemeinsames Üben vorhanden ist. Nimm dir nicht zu viel vor – vielleicht startest du mit einer kurzen Fördereinheit am Wochenende.
Probiere aus, wann dein Kind ausreichend Energie hat und wann es sich mit den anderen Alltagsanforderungen gut vereinbaren lässt. Sinnvoll ist, einen festen Zeitpunkt zu finden, zum Beispiel jeden Sonntagvormittag. Verbinde das Üben mit einer anderen Routine, die ihr bereits habt, etwa das gemeinsame Frühstück. Sobald der Tisch abgeräumt ist, nehmt ihr euch Zeit.
Habe einen ungefähren Plan, was du mit deinem Kind üben möchtest und bereite schon alles vor. Dann ist es leichter, als wenn du erst irgendwo Papier, Stifte oder andere Unterlagen suchen musst.
Ziehe immer wieder Bilanz, was gut klappt, welche Probleme es gibt und was du vielleicht ausprobieren könntest, um sie zu lösen. Passe an und bessere nach, bis ihr das gefunden habt, was für euch funktioniert.

Wie lange soll ich mit meinem Kind üben?
Das hängt vom Alter deines Kindes ab und davon, wie lange es sich schon auf eine Sache konzentrieren kann. Das ist gerade bei Kindern mit kognitiver Beeinträchtigung oder ADHS nicht lang. Versuche es mit zwei bis drei Minuten. Wenn das klappt, steigert euch behutsam.
Fünf- bis Siebenjährige ohne geistige Beeinträchtigung können sich im Schnitt zehn, maximal fünfzehn Minuten konzentrieren.
Auch hier gilt: Sorge dafür, dass dein Kind bald Erfolgserlebnisse hat, dann fällt es ihm leichter dranzubleiben. Fordere, aber überfordere dein Kind nicht. Lasse ihm Vermeidungsstrategien nicht durchgehen, aber baue auch keinen starken Druck auf.
Versuche, eher morgens oder am Vormittag zu üben, wenn dein Kind noch nicht müde vom Tag ist. Und je mehr dein Kind das Gefühl hat, dass es “arbeiten” muss, desto kürzer wird seine Aufmerksamkeitsspanne sein. Je lockerer und spielerischer das Ganze abläuft, desto größer sein Durchhaltevermögen.
Für welche Methoden soll ich mich entscheiden?
Hier würde ich dir empfehlen, darauf zu achten, was dein Kind mag und gut kann und das zu nutzen. Sprich mit Therapeutinnen und der Kinderärztin und lass dich beraten, welche Methoden speziell für dein Kind geeignet sein könnten.
Probiere aus und sammle Erfahrungen. Traue dich auch, etwas abzubrechen, was nicht funktioniert und stattdessen etwas anderes zu versuchen.
Methoden, die du gut zu Hause anwenden kannst (und die auch ich mit meinem Kind genutzt habe) sind:
- Gebärden nach GuK – besonders geeignet für Kinder ab ca. einem Jahr. Du kannst sie nutzen, wenn du mit deinem Kind sprichst und gemeinsam könnt ihr, wenn vorhanden, die Karten anschauen.
- Das Frühförderprogramm “Kleine Schritte” – hier findest du umfangreiche Anregungen ebenfalls ab dem ersten Lebensjahr zur Motorikentwicklung, dem Sprachverständnis und dem aktiven Sprechen, kognitive Entwicklung, Sozialverhalten etc.
- Ein Ich-Buch: Ungefähr für Kinder im Kindergartenalter, aber auch darüber hinaus. Ein Ich-Buch unterstützt dein Kind, anderen von sich zu erzählen und kann ganz frei, kreativ und individuell erstellt werden.
- Frühes Lesen: Ab dem Kindergarten- bzw. Vorschulalter. Die Methode zielt übrigens nicht darauf ab, dass das Kind lesen lernt, sondern dient der Sprachförderung und der kognitiven Entwicklung.
- IntraAct Plus: Ab Vor- bzw. Grundschule. Ein umfassendes Angebot zum Lesen, Schreiben, Zählen und Rechnen lernen. IntraAct Plus richtet sich an alle Kinder – speziell auch an Kinder mit geistiger Behinderung, mit ADHS, Dyslexie, Hochbegabung etc., denn es ermöglicht jedem Kind, in seinem Tempo zu lernen.
Tausche dich aus!
Welche Fördermethoden nutzt du für dein Kind und welche Erfahrungen hast du damit gemacht? Was klappt gut, was nicht und welche Tricks hast du für dich herausgefunden? Teile dein Wissen und deine Erfahrung hier in den Kommentaren und stelle gerne auch Fragen, auf die du noch keine Antwort hast.
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Über die Autorin
Ich bin Alexandra, Mutter von Zwillingen – eins meiner Kinder hat das Down-Syndrom. Meine Mission ist es, Mütter von Kindern mit Besonderheit auf ihrem Weg zur Resilienz zu unterstützen. Damit sie die Kraft und Ausdauer haben, die es braucht, um Berührungsängste abzubauen und ihren Kindern einen Platz in der Mitte der Gesellschaft zu erobern. >> Mehr über mich